Atmung
Die Atmung hält nicht nur Lebensprozesse auf körperlicher Ebene in Gang, sie ist auch untrennbar mit unseren Gefühlen und unserem Bewusstsein verknüpft. Jedes Gefühl, jede Verhaltensweise ist mit einem bestimmten Atemrhythmus verbunden. Es wird zwischen der Qualität der Atmung, dem Rhythmus, der Atemtiefe und Atemfrequenz unterschieden. Rückenschmerzen werden heute als ein komplexes bio-psychosomatisches Phänomen angesehen. Daher findet aufgrund des beschriebenen Zusammenhangs neben der rein medizinisch-anatomischen Betrachtungsweise immer auch die Atmung in der Therapie Beachtung.
Atmung in Kombination mit fließenden Bewegungen regt das unwillkürliche (parasympathische) Nervensystem an und reduziert dabei die sympathischen Stressoren. Dank dieser Trainingsform wird durch die parasympathische Aktivierung die Regeneration des Organismus angeregt, der Aufbau von Energiereserven ermöglicht und gleichzeitig die Entspannung gefördert. Um eine Synchronisation von Bewegung und Atmung zu erreichen, bedarf es einer erhöhten Aufmerksamkeit und Konzentration. Dies funktioniert auch umgekehrt: Die Kombination von rhythmisch-entspannter Bewegung und sensibler Atmung führt zu einer erhöhten Körperwahrnehmung. Diese Aufmerksamkeitslenkung führt wiederum zu Entspannung. Jede Übung im GYROTONIC wird mit einem entsprechenden Atemmuster synchronisiert und rhythmisch ausgeführt. Dadurch wird neben einer leichten kardiovaskulären, aeroben Stimulation (abhängig von Intensität und Geschwindigkeit der Übungsausführung) immer auch ein Einfluss auf die Stimmungslage des Patienten ausgeübt. Zusätzlich wirkt die Kombination von rhythmisch-entspannter Bewegung und sensiblem Atem mit einer bewussten Gedankenlenkung nicht nur spannungs- und stresslösend, sondern schafft nach einiger Zeit auch Zugang zur rechten Gehirnhälfte, welche beim Menschen für Kreativität, Gefühle und ganzheitliche Zusammenhänge zuständig ist. Ein Nebeneffekt mit enormer Wirkung: Bei entspannenden, reizarmen Trainingssituationen entsteht ein ökonomischer Einspareffekt (Ermüdungseffekt), der die energieintensive linke Hirnhälfte (logisches, analytisches Denken) unterbricht und die Aktivitäten von der dominanten linken Gehirnhälfte auf die weniger dominante rechte Gehirnhälfte verlagert.
Beim Training werden immer auch verschiedene Atemarten miteinander kombiniert. Dabei wird durch das Ein- und Ausatmen allein durch die Nase ein Einfluss auf das meditative Bewusstsein genommen, während das langsame und ohne große Kraftanstrengung bewusste Ausatmen (reguläre Atmung; Nase ein – leicht geöffneter Mund aus) entspannungsfördernd und hemmend auf muskuläre Verspannungen wirkt. Eine forcierte Ausatmung über den Mund (explosives Ausstoßen von Luft aus der Lunge) intensiviert über eine kräftigere Muskelkontraktion besonders in der Bauchmuskulatur die Übung und baut zudem Spannungszustände ab.

